Über Wut und Mut
Wenn man den Mut verliert, verliert man auch oft seine Wut. Zurück bleibt ein lähmender und sinnloser Zustand, in dem die Notwendigkeit seine Ziele zu verfolgen, fehlt.
Klient 42, Prozessdauer 3 Monate
Der Klient kommt zu mir, da er sehr unzufrieden in und mit seiner Arbeitssituation ist. Seine Chefin hat ihm zu verstehen gegeben, dass er ihre Erwartungen nicht erfüllt und es mit großer Wahrscheinlichkeit nach Ablauf des derzeitigen Projektes keine weitere Zusammenarbeit geben wird.
Ursprünglich habe er die Stelle sehr motiviert angenommen. Auch was die KollegInnen denken, sei ihm sehr wichtig gewesen, erzählt der Klient. Mit der Zeit bekam er aber immer mehr den Eindruck, dass seine KollegInnen ihm nicht gleichgestellt sind und er verlor sein Vertrauen in sich und die Lust an seinem Job.
Der verlorene Mut und sein körperlicher Ausdruck
Das Muster des Klienten besteht aus einem körperlichen „Sich-In-Sich-Zurück-Ziehen“ und einem mentalen Zustand des Zweifelns.
In seinem Muster zweifelt er dann nicht nur an seinem laufenden Projekt, sondern gleich an seiner gesamten Berufslaufbahn. In diesem Zustand des Zweifelns verliert er sowohl seine Lust an seiner Arbeit als auch allgemein am Leben. Er kreiert eine Wurschtigkeits-Stimmung, in welcher ihm alles egal erscheint.
Das „Sich-In-Sich-Zurück-Ziehen“ beschreibt der Klient als dumpfen Zustand, in welchem sein Gesicht einschläft und er sich wie von einer Wolke umgeben anfühlt. Dabei ist er sehr unsicher und reagiert auf Kleinigkeiten mit Aggression.
Lernen mit seiner Wut für sich einzustehen
Der Klient kommt zu mir, da er aufhören möchte sich mit seiner Angst und Unsicherheit zurück zu ziehen. Er bemerkt, dass er sich in seine Unsicherheit gefühlt richtig hineinfallen lässt. In diesem Zustand tendiert er auch dazu aggressiv und zerstörerisch zu sein. Der Klient möchte aus diesem Muster ausbrechen, es loslassen. Oder anders gesagt, er möchte den Zustand kontrollieren anstatt vom Zustand kontrolliert zu werden. Er möchte lernen für sich einzustehen, um die Möglichkeit zu haben für etwas zu gehen, das er will. Darüber hinaus möchte er sich seinen Platz in der Kollegenschaft erarbeiten. Sein Wunsch ist es, sich als Teil – als akzeptiertes Mitglied seiner KollegInnen – zu fühlen.
Körperlich loslassen und Freiraum schaffen
Körperlich beschreibt der Klient starke Anspannung im Schulter-Nacken Bereich, einen vernebelten Kopf und das Gefühl zu durchlässig gegenüber seiner Umwelt zu sein. Bei Unsicherheit lässt er sich in seinen Schmerz hineinfallen und wird sehr passiv. In diesem Zustand kann er nicht mehr für sich einstehen. Kommt dann Stress von Außen, reagiert er aggressiv.
Vom unbewussten „Zumachen“ zum bewussten „Aufmachen“
In seinem drei monatigen Prozess lernt der Klient zuerst den Automatismus des körperlichen „Zumachens“ kennen. Folgend lernt er, wie er seinen Brustkorb in Situationen, die ihm Angst machen, öffnen und offenlassen kann. Mit offener Brust beginnt er seinen Willen zu nutzen und einzusetzen. Er bemerkt ein aktives Körpergefühl sobald er Widerstand gibt anstatt aufzugeben.
Im Leben bemerkt er zunehmend, dass er sich in Konfliktsituationen nicht mehr in seine altbekannte Stimmung des „Sich-In-Sich-Zurück-Ziehen“ fallen lässt. Stattdessen bleibt er aktiv und steuert die Situation. Auch bemerkt er Zusammenhänge zu seiner Familiengeschichte. Das Verhalten seiner Eltern im Umgang mit Angst und das Abtauchen in bestimmte Stimmungen ähnelt seinem eigenen Muster.
Mit Mut zum eigenen Willen und was das mit der Brust zu tun hat
Im Prozess lernt der Klient sich bewusst seinen Stimmungen entgegenzusetzen und dabei seinen Nacken loszulassen. Er erfährt, dass er so die Möglichkeit hat mit seinem Geist in der Realität zu bleiben und bekommt einen Zustand der Klarheit. Körperlich entscheidet er so jedes Mal von Neuem, ob er bei Angst und Wut in sein „Sich-In Sich-Zurück-Ziehen“ geht oder ob er seinen Focus auf seinen Willen richtet und dabei seine Brust aufmacht.