Wenn Anspannung zu „Hysterie“ führt
Wie aus einer körperlich sehr belastenden emotionalen Anspannung meiner Klientin der Freiraum wurde, Körper, Geist und übersteigertes Verantwortungsgefühl komplett loszulassen.
Klientin 29, Prozessdauer 13 Monate
Die Klientin kommt mit einem sehr hohen Anspannungslevel zu mir. Ihre Anspannung kann so hoch werden, dass ihr Oberkörper und besonders ihr Kiefer unkontrolliert zu zittern beginnen. Die Klientin steckt in einer sehr stressigen Lebensphase, in welcher sie neben einem anspruchsvollen 40 Stundenjob berufsbegleitend studiert.
Mental neigt sie dazu, sich unter Druck zu setzen. Dabei ist sie sehr hart zu sich und fordert sich gedanklich vehement auf durchzuhalten und auszuhalten. Physisch spannt sie dabei den oberen Rücken stark an, zieht die Schultern hinauf und hält im Kiefer und im Nacken. In diesem Zustand kann sie sich nicht mehr konzentrieren, bekommt das Gefühl in der Luft zu hängen und wird „hysterisch“.
Wahrnehmung und Kontrolle
In den Sitzungen lernt sie zuerst den oberen Rücken loszulassen und ihre Unsicherheit in der Brust zu spüren. Sie lernt der schimpfenden, gegen sich gerichteten Stimme in ihrem Kopf weniger zuzuhören und durch eine bewusste Atmung ihre Brust offen zu halten.
Sie lernt ihre Selbstzweifel genau kennen, die sie kreiert, sobald sie unsicher ist.
Je besser ihre Wahrnehmung im Oberkörper wird und je bewusster sie hin spüren kann, desto besser lernt sie ihren körperlichen Stress zu kontrollieren. Sie beginnt ihre Atmung bewusst und gezielt einzusetzen. Dabei erlaubt sie ihre Angst. Im alltäglichen Leben gelingt es ihr immer öfter, den Fokus weg von der Angst und hin zu angenehmen Dingen zu richten. Dies passiert in den ersten 10 Sitzungen.
Seele und Körper in Einklang bringen
Dann kommt die Hüfte als weiterer beteiligter Körperteil in unseren Fokus und die Klientin lernt auch hier, sich Raum zu schaffen. In den Sitzungen 10 bis 20 lernt sie, ihren Ärger nicht mehr in Form von Selbstkritik gegen sich zu richten, sondern ihn als Energie und treibende Kraft zu nutzen. Die Klientin lernt dadurch Verantwortung abzugeben und in ihrer Beziehung Grenzen zu setzen.
Stimmungen durch den Körper beeinflussen lernen
Im dritten Teil unseres Prozesses beschäftigen wir uns mit ihrer lustlosen und sinnlosen Stimmung. Sie erzeugt diese, sobald sie ihre Angst nicht erlaubt. Körperlich wird sie dabei schwer und fühlt sich als Last, gedanklich wird sie kompliziert. Die Klientin lernt ihre Anspannung im Gesicht und vor allem im Kiefer immer besser loszulassen. Damit fällt auch ein guter Teil dieser emotionalen „Last“ ab.
Immer weniger fühlt sie sich anderen Menschen gegenüber verpflichtet. Sie ruht mehr und mehr in sich. Das eigene Wohlfühlen rückt in den Vordergrund. Es anderen recht zu machen, rückt in den Hintergrund.
Freiraum durch Entspannung
Nach etwas mehr als einem Jahr beenden wir den Prozess. Die Klientin hat ein hohes Maß an körperlichem Freiraum gewonnen. Sie hat gelernt, wie sie sich entspannen kann. Die Spannung im Kiefer schaut immer wieder vorbei, sie kann die Anspannung aber bewusst selbst loslassen. In ihrer Stimmung ist viel mehr Leichtigkeit, sie nimmt die Dinge im Leben nicht mehr so ernst, erlaubt sich Fehler zu machen und übernimmt nicht automatisch die Verantwortung für alles und jeden in ihrem Umfeld.
Die Klientin hat sich ihr Vertrauen erarbeitet, dass sie selbstbestimmt und gezielt loslassen kann. Körperlich gibt es kein Zittern mehr, der Rücken ist schmerzfrei, die Brust fühlt sich frei an und gibt genug Platz zu einer vollen Atmung. Die Tendenz zur Selbstkritik ist weiterhin vorhanden, jedoch erkennt die Klientin sie und ist bewusst nett zu sich selbst. Die Klientin ist sehr zufrieden mit dem Gelernten. Und ich bin es auch!
*PS: die Person auf dem Foto ist nicht diese Klientin